Der verlorene Weg

Camino Aragonés

Der Jakobuskult verschwimmt zwischen dem 18. und der ersten Hälfe des 20. Jahrhunderts. Ein allmählicher Niedergang begann etwa gegen Mitte des 16. Jahrhunderts durch den kritischen Blick auf den Reliquienkult und wurde vorwiegend in den Regionen am französischen Kanal ganz ohne protestantischen Einfluß vorangetrieben. Zudem wurde der Untergang des Pilgerkultes durch die fehlende Kontrolle der Landstreicher, insbesondere unter König Luis XIV seit 1686 verstärkt. Ab diesem Zeitpunkt machte man die Pilgerschaft nach Compostela eher lokal und wurde hauptsächlich durch Spanier und Portugiesen praktiziert. Es gibt aus dieser Zeit nur wenige Berichte und die Strecken galten als verwahrlost. Zu dieser Zeit wurden die Pilger des Aberglaubens verdächtigt, man sagte ihnen Müßiggang und Irrglaube nach und unterstellte ihnen schlechtmöglichste Charakterzüge. Pilger waren nicht mehr willkommen, sie galten als Objekt des Gespötts. Nur der katholische Orden der Sulpizianer hält die compostellanische Pilgerschaft aufrecht, dennoch bleibt das Pilgerwesen suspekt und die Wege wurden bis in die 1950er Jahre wenig frequentiert.

Zu dieser Zeit machen sich die französische Erzählerin Marie Mauron aus der Provence und der Abt Bernès zur Witzfigur, als sie sich Richtung Compostela auf den Weg machten. Sie sahen die kläglichen Überreste der Pilgerwege als ruiniert an und ihr Rückblick auf einen verlorenen Weg verursachte melancholische Träume. Sie gehören heute zu den Pionieren der modernen Pilgerbewegung.

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Peregrinus

In der christlichen Tradition spielt die Pilgerbewegung eine besondere Rolle, insbesondere die Jakobswege. Das lateinische Wort „peregrinus“ bezeichnet einen Menschen, der in der Fremde sein Glück sucht. Die ältesten Berichte dieser Form des Reisens stammen aus dem Alten Testament. Besonders im Mittelalter galt diese Reise als gefährlich – Hunger, Krankheiten, Überfälle, wilde Tiere machten diese Reise zu einem riskanten Abenteuer, „blieb uff sant Jacobs Strass“, berichten schweizer Quellen aus dem 16. Jahrhundert. Heute sieht dieses Wagnis ganz anders aus, das größte Risiko des modernen Pilgers liegt heute in ihm selbst.  Dieses Risiko liegt in den Grenzerfahrungen, die ein Pilger unterwegs auf dem Weg erlebt. Häufig hat ein zurückgekehrter Pilger Schwierigkeiten, sich in den normalen Alltag wieder einzufinden. Viele Jakobspilger bleiben deshalb auf den Wegen, im Gegensatz zum Mittelalter sind sie aber heute sehr lebendig. Sie sind die Wegbereiter für die nachfolgenden Jakobspilger und stellen damit eine sich gegenseitig unterstützende internationale Gemeinschaft dar. Dieser internationale Zusammenhalt über alle Bevölkerungsgruppen und Religionen ist der eigentliche Grund für die Popularität des Jakobsweges, denn Toleranz, Achtung und Verständnis stehen in dieser Gemeinschaft im Vordergrund.

In der Blütezeit der Pilgerbewegung waren eine knappe halbe Million Pilger auf den Jakobswegen unterwegs, die meißten waren eher wohlhabend und gehörten entweder zum Adel, zu einem Ritterorden oder zur christlichen Kirche, nur etwa 10 % galten als arm. Der erste Pilgerführer von Picaud hat daher auch Tagesetappen von etwa 50 Kilometern, da er sich mit seiner Reisebeschreibung an die gut betuchten und berittenen Jakobspilger wandte. Erst später mit dem wachsenden Pilgeraufkommen änderte sich die Zusammensetzung der Pilgerschar zugunsten der bürgerlichen Pilgergruppen.

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Jakobus

Der biblische Name „Jakob“ kommt aus dem Arabischen und bedeutet „möge Gott beschützen“. Jakob war der Sohn Isaaks und Enkel Abrahams. Er hatte zwölf Söhne, nach denen sich die Stämme des Volkes Israel benannten. Damit ist Jakob ein wichtiger Name im Alten Testament.

Im Neuen Testament zählt Jakobus Major und sein Bruder Johannes zu den zwölf Aposteln, beides Söhne des Zebedäus. Sie zählten zu den ersten Jünger Jesu. Beide galten als temperamentvolle Verkünder des Glaubens, im grieschischen Text haben sie den Beinamen „Boanerges“, was übersetzt Donnerssöhne heißt. Ob Jakobus in Spanien missioniert hat ist bis heute nicht bewiesen, sicher ist nur seine Enthauptung durch den Befehl von König Herodes Agrippa I.

Der zweite Jakobus, genannt Jakobus Minor oder auch Jacobus der Jüngere war ein Sohn des Alphaeus. Er wird nur zweimal als Mitglied der zwölf Jünger erwähnt. Deshalb wird Jakobus der Ältere oft als alter Mann mit Rauschebart dargestellt, der Jüngere erscheint als Jüngling.

Ein dritter Jakobus, genannt der Gerechte war vermutlich ein Verwandter von Jesus. Dieser spielte in der jungen urchristlichen Gemeinde eine führende Rolle und gehörte zu den ersten Bischöfen von Jerusalem. Auch er wurde zum Märtyrer.

Quellen: Wege der Jakobspilger (Rheinland, Eifel, Lothringen, Burgund) Band 2 von Walter Töpner,

25 Jahre DSJG

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Die Anfänge der Pilgerbewegung nach Santiago de Compostela

Von Soldaten begleitet pilgerte der Bischof von Le-Puy-en-Velay im Jahr 950 nach Santiago de Compostela. Bischof Godescale war der erste französische Pilger, über den berichtet wurde. Etwas später zog Petrus II, Mercœur, ebenfalls Bischof von Le-Puy nach Spanien. Mit diesen ersten Pilgerreisen hoher geistiger Würdenträger war der Weg nach Compostela offiziell eröffnet und sie machten ihn dadurch in ganz Europa bekannt.

Quelle: Conrad-Sein-Verlag, Via Tolosana

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Legenda Aurea

Der Namensvetter Jacobus de Voragine, Schriftsteller, Gelehrter und Erzbischof von Genua dokumentierte Jahrhunderte nach dem Märtyrertod von Jakobus dem Älteren die Geschichte vom Apostel Jacobus und faßte damit die Erzählungen von anderen zusammen. In Jerusalem  entstand erstmals seine Geschichte über Missionsversuche in Spanien. Als Jünger Jesu wurde er mit dem Auftrag „Lehret alle Völker“ auf die Iberische Halbinsel geschickt. Seine Missionsversuche waren nahezu erfolglos, er konnte nur neun Anhänger finden und kehrte ins Heilige Land zurück. Er ließ zwei seiner Anhänger in Spanien zurück und nahm die anderen nach Judäa mit. Dort hatte hatte er noch weniger Erfolg. Zu den wenigen, die sich überzeugen ließen gehörte ein Zauberer Namens Hermogenes aus Palästina, dem Jakobus seinen Pilgerstab schenkte. Der Zauberer, der vor seinem Zusammentreffen mit Jakobus die schwarze Magie verfolgte und mit dem Teufel im Bunde stand und sehr populär war, versenkte seine Zauberschriften im Meer, was das Volk sehr beeindruckte. Die Leute erzählten die Geschehnisse dem König Herodes Agrippa, der daraufhin Jakobus im Jahr 44 n. J. enthaupten ließ.

Seine Jünger schaffen den Leichnam in ein Boot, welches von Engeln gesteuert an der Küste Galiciens in Iria Flavia, dem heutigen Padrón landet. Seine Anhänger nahmen den Leichnam vom Boot und legten ihn auf einen großen Felsblock. Der Felsblock paßte sich dem Leichnam an und wurde zu seinem Sarkophag. Dieses geschieht im Reich der bösen Königin Lupa, welche die Jünger loswerden wollte. Die beiden Jünger Athanasius und Theodorus baten um eine Audienz bei Lupa, weil sie um einen würdigen Bestattungsplatz bitten wollten, diese schickte die beiden aber zu einem anderen bösen Herrscher, der sie einkerkern lies. Wieder sind es die Engel des Herrn, der ihnen die Kerkertür öffnete. Der wütende Herrscher schickt Soldaten nach ihnen aus, doch während der Verfolgung stürzt eine Brücke ein und reißt die Soldaten in den Tod, woraufhin sich der Herrscher zum Christenglauben bekehren ließ.

Soweit ist die Königin Lupa noch nicht. „Nehmt die Rinder, die ich auf dem Berg habe, spannt sie an einen Wagen, errichtet ein Grab, wo ihr wollt!“ sagte sie zu Anastasius und Theodorus. Aber auf dem besagten Berg fanden sie keine Rinder, sondern einen feuerspeienden Drachen, der sich beim Zeichen des Kreuzes zerteilte. Allerdings fanden sie keine Rinder, sondern wilde Stiere, die sich durch das Kreuzzeichen besänftigen und vor den Karren spannen ließen. Nun stand der Beerdigung nichts mehr im Wege und sie suchten einen geeigneten Platz. Die Stelle, an dem der Wagen letztlich Halt machte war ein abgelegenes Waldstück namens Libredón und wurde als göttlicher Wille ausgelegt, weil die jetzt sanften Stiere dort den Wagen stoppten. Anastasius und Theodorus errichten dort das Grab und einen kleinen Kirchenbau zu Ehren Jacobus. Auch sie selber fanden dort später ihre letzte Ruhe.

Quelle: Der Jakobswg, von Björn Böttcher und Andreas Drouve, Verlag terra magica

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